Während die Mutter in der Entzugsklinik und der Vater mit seiner Assistentin auf "Geschäftsreise" ist, verbringt der 14-jährige Außenseiter Maik Klingenberg die großen Ferien allein am Pool der elterlichen Villa. Doch dann kreuzt Tschick auf.
Tschick, eigentlich Andrej Tschichatschow, stammt aus dem tiefsten Russland, kommt aus einem der Hochhäuser in Berlin-Marzahn - und hat einen geklauten Lada dabei. Damit beginnt eine Reise ohne Karte und Kompass durch die sommerglühende ostdeutsche Provinz. Die Geschichte eines Sommers, den wir alle einmal erleben wollen... Der beste Sommer von allen eben! Kongeniale Verfilmung des Jugendroman-Bestsellers von Wolfgang Herrndorf über einen 14-jährigen Außenseiter, der mit einem gleichaltrigen Russen den Roadtrip seines Lebens erlebt.
Wohl dem Produzenten, der von sich behaupten kann, Fatih Akin einen Notnagel zu nennen. Wie weithin kolportiert, sprang der Goldene-Bär-Gewinner nur wenige Wochen vor dem geplanten Drehstart für die Verfilmung des Bestsellers von Wolfgang Herrndorf ein, weil der ursprünglich vorgesehene Regisseur, David Wnendt, aufgrund von Terminschwierigkeiten absagen musste. Wnendt mag mehr Pop sein, aber Akin bringt genau das richtige Gespür mit für die beiden 14-jährigen Hauptfiguren, die Herrndorf als moderne Versionen von Tom Sawyer und Huckleberry Finn konzipiert hatte: Im gestohlenen Lada brechen sie auf von Berlin in Richtung Walachei. Die beiden ungleichen Freunde, Maik aus gutbürgerlichem Hause und der russische Spätaussiedler Tschick, eint, dass sie sich als Pariahs fühlen und unbedingt weg wollen.
Akins Film ist immer dann am besten, wenn er bei dem charmanten, witzigen und schließlich auch bewegenden Roadtrip ganz nah dran bleibt am Roman.
Also meistens. Denn obwohl er die Vorlage entschlackt und damit den Fokus auch ein wenig verengt hat (was angesichts der knappen Laufzeit von nicht einmal 100 Minuten vielleicht gar nicht nötig gewesen wäre), finden sich die besten Dialoge und Momente auch im Film haargenau wieder, wie man sie kennt (und liebt).
Anand Batbileg und Tristan Göbel - der ein Wiedergänger von Patrick Fugit in "Almost Famous" sein könnte - sind echte Entdeckungen, wie sie als ungelenke Jungs in ein Abenteuer starten, das als deutsche Antwort auf "Stand By Me"oder "Breakfast Club" jederzeit funktioniert, in dem sich surreale und anrührende Momente zu einem Gefühlszustand verdichten, der all die Konfusion und Existenzangst der Adoleszenz einerseits mit universeller Gültigkeit einfängt und doch auch klar im Hier und Jetzt verortet.
Tschick, wie von Fatih Akin mit Unterstützung von Hark Bohm ersonnen, ist ein "Im Lauf der Zeit" mit jugendlichen Helden, verweist aber auch auf Bohms Jugendfilme aus den Siebzigern, auf "Nordsee ist Mordsee" und vor allem auf "Moritz lieber Moritz". Und entspricht damit ganz sicher der Maßgabe von Wolfgang Herrndorf, dem es so wichtig war, dass aus seinem Buch keine typische deutsche Komödie wird.
Wenn Akin hier auch ein bisschen der ungestüme Rock'n'Roll seines "Gegen die Wand" fehlen mag: Sein Film ist ein Jugendfilm, der Bestand haben wird.
Weil Schmerzen und Wünsche und Träume und Ängste seiner Protagonisten immer ganz echt wirken. ts.
(Quelle/Copyright: Entertainment Media Verlag)
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Jahr:
2017
Verlag:
o. O., Studiocanal
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Altersfreigabe:
12
Beschreibung:
1 DVD (89 Min.)
Mediengruppe:
DVD-Spielfilm